Der Sachverständige für Genehmigungsverfahren im Umweltbereich

Das Umweltrecht hat sich in Deutschland in den vergangenen 30 Jahren zu einem äußert komplexen und vielschichtigen Regelwerk entwickelt. Hinzu kommt, dass der europäische Einfluss sich immer weiter verstärkt und mittlerweile auf nahezu alle Bereiche des deutschen Umweltrechts einwirkt. Daraus resultierend, befindet sich dass deutsche Umweltrecht, entstanden aus dem preußischen Gewerberecht, z. Z. mitten in einer Umbruchphase. Die preußische Vorstellung der behördlichen Regulierung und Überwachung aber auch Fürsorge wird abgelöst vom europäischen Gedanken der Eigenverantwortung von Unternehmern und Bürgern; die deutsche „End of Pipe“ Philosophie (Stichwort: Emissionsgrenzwerte) ersetzt durch die Betrachtung des Gesamtprozesses und des Umfeldes (Stichworte: produktionsintegrierter Umweltschutz, beste verfügbare Technik und Immissionsgrenzwerte). Daraus resultiert eine Flut von Änderungen der deutschen Umweltgesetze und untergesetzlichen Regelungen. Manche Gesetze oder Verordnungen werden z. Z. im Abstand von weniger als einem Jahr novelliert.

Verschärfend kommt hinzu, dass Deutschland im Gegensatz zu den anderen europäischen Staaten ein Föderalstaat ist. Neben der Bundesregierung besitzen auch die einzelnen Länder im Umweltbereich gesetzgeberische Kompetenz und nutzen diese mehr oder weniger großzügig aus. So war bis zur Föderalismusreform 2006 das Wasserrecht nahezu ausschließlich in Länderhand. Zudem ist der Versuch, mit der Installierung eines Umweltgesetzbuches das deutsche Umweltrecht klarer zu strukturieren und die Genehmigungsverfahren zu vereinheitlichen und dadurch zu vereinfachen, aus politischen Gründen bis auf weiteres gescheitert.

Insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen sind angesichts der oben geschilderten Situation bei Neugründungen oder Änderungen von Anlagen genehmigungsrechtlich zumeist deutlich überfordert. In einem Genehmigungsantrag nach BImSchG müssen so vielschichtige Rechtsbereiche wie Bau-, Immissionsschutz, Abfall-, Gewässerschutz-, Störfall-, Naturschutz- und Arbeitsschutzrecht betrachtet und angesprochen werden. Hinzu kommen ggf. erforderliche Fachgenehmigungen nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Auch für normale Architekturbüros ist es zumeist wirtschaftlich nicht sinnvoll, hierfür entsprechendes Fachpersonal bereit zu halten.

Aus diesem Grund wurde vor nunmehr 10 Jahren auf Anregung des nordrheinwestfälischen Umweltministeriums (MUNLV) und der IHK Essen der öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v.) Sachverständige für Genehmigungsverfahren im Umweltbereich ins Leben gerufen. Von einem Arbeitskreis, an dem sich auch Industrie- und Beratungsunternehmen beteiligten, wurden die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen und Anforderungen an diesen Sachverständigen festgelegt. Diese sind zwischenzeitlich in ähnlicher Form von allen IHK bundesweit übernommen worden. Durch sein hohes fachliches Niveau soll er helfen, Genehmigungsverfahren deutlich zu verkürzen und dadurch auch den Arbeitsaufwand für Behörden zu reduzieren. Aufgrund der für sämtliche Sachverständige geltenden Forderung nach Neutralität und Unabhängigkeit kann er zudem als Mittler zwischen Behörde und Antragsteller fungieren. Aus diesen Gründen hat das Land NRW in seiner Gebührenordnung festgeschrieben, dass bei Hinzuziehung eines ö.b.u.v. Sachverständigen bei Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutz- und Wasserrecht dem Antragsteller bis zu 30 % der anfallenden Gebühren erlassen werden.

Der Sachverständige für Genehmigungsverfahren ist einerseits Generalmanager des Projektes „Genehmigungsverfahren“ im Auftrag des Antragstellers, und bündelt und koordiniert die Informationen von beteiligten Projektingenieuren, Gutachtern und eventuell Juristen, er moderiert Projektgespräche und vermittelt ggf. bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Antragsteller und den beteiligten Behörden. Andererseits ist er Spezialist und hat durch seine Fachkompetenz für eine hohe Qualität, Vollständigkeit und Aussagefähigkeit der Genehmigungsanträge Sorge zu tragen sowie dem Antragsteller in allen rechtlichen-, gutachterlichen und technischen Fragen beratend zur Seite zu stehen.

Mit dem Gesetz zur Kommunalisierung von Aufgaben im Umweltrecht wurden Ende 2007 in NRW unterschiedliche Aufgaben im Umweltbereich von den Bezirksregierungen auf die Kommunen übertragen (Stichwort: Verwaltungsreform NRW). Ziel war es, die Verwaltung schlanker zu gestalten und eine größere Bürgernähe zu erzielen. Hierdurch ergaben sich auch geänderte behördliche Zuständigkeiten bei Genehmigungsverfahren. Diese wurden am 1. Januar 2008 mit der Zuständigkeitsverordnung Umweltschutz in Kraft gesetzt und sind dort in Anhang I festgelegt. Für viele Genehmigungsverfahren, die bisher bei den Bezirkregierungen (Obere Umweltschutzbehörde)  abgewickelt wurden, ist jetzt die untere Umweltschutzbehörde bei den Kreisen oder kreisfreien Städten zuständig. Dies bedeutet für die Kommunen, dass sie zur sachgerechten Abwicklung dieser Genehmigungsanträge zusätzliches Fachwissen beschaffen müssen. Neben der Übernahme von Fachkräften aus den verschlankten Bezirksregierungen kommt hier auch die Zuhilfenahme von ö.b.u.v. Sachverständigen für Genehmigungsverfahren in Betracht. Diese unterliegen dem Verpflichtungsgesetz und haben die Vertraulichkeit des Wortes und die Wahrung von Dienstgeheimnissen zu gewährleisten. Aufgrund der Sachverständigenverordnung haben sie sich zudem eidesstattlich zur gewissenhaften, unparteiischen und unabhängigen Aufgabenerfüllung verpflichtet.

 

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