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Gemäß § 9, Abs. 1, Nr. 2 der Störfallverordnung hat der Betreiber eines Betriebsbereiches der oberen Klasse die von der/den Anlage(n) ausgehenden Gefahren

für Störfälle und mögliche Störfallszenarien zu ermitteln und darzulegen, welche Maßnahmen zur Vermeidung dieser Störfälle und zur Begrenzung der Auswirkungen

auf die menschliche Gesundheit und Umwelt ergriffen werden. Dies erfolgt in Form einer Gefahrenanalyse, die damit ein maßgeblicher Teil des Sicherheitsberichtes

ist. Darüber hinaus fordern Genehmigungs- und Überwachungsbehörden heute oftmals auch für Betriebsbereiche der unteren Klasse eine Gefahrenanalyse, die dann

Bestandteil des Störfallkonzeptes wird.


In den letzten Jahrzenten wurden zahlreiche Methoden zur Durchführung von Gefahrenanalysen für Verfahrensanlagen entwickelt. Am weitesten Verbreitet und auch
in Deutschland seit mehr als 10 Jahren von den Behörden akzeptiert sind eine modifizierte FehlerMöglichkeits- und EinflussAnalyse (FMEA) und das HAZOP-
Verfahren (Hazard and Operability). Das FMEA-Verfahren stammt ursprünglich aus der Fertigungsindustrie (z. B. Automobilbau) und diente in erster Linie zur
Qualitätssicherung. In einer etwas modifizerten Variante wird es jetzt aber auch bei verfahrenstechnischen Anlagen zur Ermittlung der Verfahrenssicherheit einge-
setzt. Das HAZOP-Verfahren ist in Deutschland auch unter dem Namen PAAG (Prognose, Auffinden der Ursache, Abschätzen der Auswirkungen, Gegenmaß-
nahmen) bekannt. Eine Weiterentwicklung, die auch bereits eine einfache Bewertung der Risiken beinhaltet, ist das ZHA-Verfahren (Zürich Hazard Analysis).

Sowohl das FMEA-, als auch das HAZOP-Verfahren wird mit einem Team von Experten durchgeführt, das aus Betriebsleuten, Projekt- oder Verfahrensinge-
nieuren, Mess- und Regelungstechnikern, Maschinentechnikern und Prozesssicherheitsleuten besteht. Bei beiden Verfahren handelt es sich um gelenkte
Brainstorming Verfahren. Die Lenkung erfolgt beim FMEA-Verfahren anhand der systematischen Abfrage von Schachstellen in Form einer Stichwort- oder Check-
liste und beim HAZOP-Verfahren anhand der Festlegung von Abweichungen vom Normalprozess (zu hohe/niedrige Temperatur, zu hoher/niedriger Druck, usw.).
Das FMEA-Verfahren kann bereits in einem relativ frühen Projektstadium angewendet werden und wird daher oftmals auch zur Bewertung alternativer Verfahrens-
technologien im Hinblich auf Sicherheit und Umweltverträglichkeit eingesetzt. Demgegenüber müssen für eine HAZOP-Studie bereits detaillierte Regelungs- und
Instrumentierungs-Fließbilder und Ursache-Wirkungs-Diagramme für die geplanten (Schutz)schaltungen vorliegen. Wie der Name "Operability" bereits andeutet,
kann das HAZOP-Verfahren auch zur Optimierung eines Verfahrens und Vermeidung finazieller Schäden verwendet werden.

HAZOP-Studie


In einer Gefahrenanalyse werden mögliche Gefahren (Störfälle) und deren Ursachen und Auswirkungen ermittelt sowie Maßnahmen vorgeschlagen, wie sich diese
Störfälle verhindern oder in ihren Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und Umwelt verringern lassen. Eine Bewertung des dadurch vorhandenen Risikos
erfolgt nicht oder nur qualitativ (geschätztes Risiko). Unter Risiko versteht man dabei allgemein das Produkt aus Schweregrad des Störfalls und Eintrittswahrschein-
lichkeit. Zudem unterbleibt eine Beurteilung, ob mit der vorgeschlagenen Schutzmaßnahme das Risiko ausreichend vermindert werden kann, oder eventuell zusätzliche
Maßnahmen parallel ergriffen werden müssen.

Da sich nicht alle Gefahren mit noch vertretbarem finanziellen Aufwand vollständig ausschließen lassen, muss im Rahmen einer quantitativen Bewertung festgelegt werden,
welches Risko noch zulässig sein soll. Hierfür wird ein Risikoprofil ermittelt, das in einer Matrix über Eintrittswahrscheinlichkeit und Schweregrad eine Treppenfunktion
des Grenzrisikos darstellt. Ein Störfall mit mehreren Toten beispielsweise darf sich wesentlich seltener ereignen, als ein Störfall, der zu einer geringen lokalen Umweltver-
schmutzung führt. Große Unternehmen haben zumeist ihre eigene Risikomatrix ermittelt. Liegt eine solche nicht vor, ist zumeist eine Abstufung des Schweregrades in
Anlehnung an die VDI/VDE 2180 sinnvoll und von den Behörden akzeptiert.

Möglichkeiten zur Bewertung des Risikos sind beispielsweise die Ermittlung der RisikoPrioritätsZahl (RPZ) beim FMEA-Verfahren oder die Berechnung der vorhanden
und erforderlichen RisikoReduktionsFaktoren (RRF) beim LOPA-Verfahren. Das LOPA-Verfahren (Layer of Protection Analysis) baut auf dem HAZOP-Verfahren auf
und ist ein semiquantitatives Risikoermittlungsverfahren. Dies bedeutet, dass hier die Eintrittswahrscheinlichkeit numerisch anhand weltweit ermittelter Ausfallraten von
verfahrenstechnischen Bauteilen und Schutzeinrichtungen berechnet und mit einer noch zulässigen Eintrittswahrscheinlichkeit verglichen wird. Dagegen erfolgt die
Ermittlung des Schweregrades hier zumeist qualitativ. Anhand von bereits vorliegenden Tabellen oder durchgeführten Ausbreitungsrechnungen für Schadgase und Druck-
wellen und Wärmestrahlungen kann aber auch hier unter Berücksichtigung der Emissionsraten und des Umfeldes eine quantitative Ermittlung durchgeführt werden. Ist der
erforderliche Risikoreduktionsfaktor für eine Schutzeinrichtung (z. B. Schutzschaltung) ermittelt, wird bestimmt, ob die vorgesehene Schutzeinrichtung hierfür ausreichend
zuverlässig ist (Ausfallwahrscheinlichkeit bei Anforderung) und beispielsweise eine Schutzschaltung den erforderlichen SIL-Faktor auch erreicht. Ist dies nicht der Fall, muss
über Möglichkeiten der Erhöhung der Zuverlässigkeit der Schutzeinrichtung oder über zusätzliche parallele Schutzeinrichtungen nachgedacht werden.

Das LOPA-Verfahren zur Bewertung der ausreichenden Zuverlässigkeit der geplanten Schutzeinrichtungen und zur Ermittlung des erforderlichen SIL-Faktors bei Schutz-
schaltungen stammt aus dem angelsächsischem Raum und beginnt sich jetzt auch in Deutschland zu etablieren. Bisher war hier eher die Verwendung des SIL-Graphen
Verfahrens üblich und von den Behörden anerkannt. Während der SIL-Graph jedoch speziell für die Bewertung von Schutzschaltungen verwendet wird, ist das LOPA-
Verfahren in den letzten 10 Jahren auch zur Bewertung anderer Schutzeinrichtungen (z. B. Sicherheitsventile, Alarme in Verbindung mit Operatorrekationen, mechanische
Barrieren, usw.) weiter entwickelt worden und ist somit wesentlich universeller einsetzbar.

SIL-Graph   
SIL-Graph zur Ermittlung der erforderlichen SIL-Klasse einer Schutzschaltung